30.05.2023
Den Protest zurück ins Museum tragen – Blitzausstellung
Langsam macht sich Aufregung breit, in der letzten Kunststunde vor der Ausstellung herrscht geschäftiges Treiben und alle sind hochkonzentriert, es raschelt und knistert überall und einige machen sogar Überstunden, bis die letzten Handrgriffe an den Arbeiten abgeschlossen sind und sie bereit für den Transport in das Museum sind.
Dann werden die Arbeiten verpackt und dorthin gebracht, wo vor gut acht Wochen alles begann: ins Museum für Kunst und Gewerbe. Für den Aufbau werden alle Arbeiten zunächst im Museum ausgelegt und gesichtet und dann mithilfe eines Schüler:innenteams arrangiert, dann werden sie in unmittelbarer Nähe zur Ausstellung der Guerrilla Girls aufgehängt und installiert. Die Besucher:innen können kommen! Und sie kommen so zahlreich, dass es richtig voll wird in der Ausstellung.
Mit ein bisschen Verspätung wird die Ausstellung offiziell eröffnet, Sita von Ommen und Nele Zimmer begrüßen die Gäste und geben einen ersten Einblick in die vielfältigen Themen, die in den Werken bearbeitet wurden.
Inspiriert durch die Ausstellung der Guerilla Girls sind viele Arbeiten entstanden, die sich mit kritischen Themen beschäftigen. So hat Simon ein großes Wimmelbild zur Schere von Arm und Reich angefertigt. Nele lädt in ihrer Arbeit ein, an einem kleinen Tisch Platz zu nehmen und beim „Spiel des wahren Lebens“ die Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern spielerisch kennenzulernen. Elvin widmet sich in einer Skulptur den Vorurteilen gegenüber Muslimas mit Hijab. Auch Mick und Mattis haben eine Skulptur angefertigt, widmen sich aber einem ganz anderen Thema und haben eine ungewöhnliche Ausdrucksform für die größtmögliche Zerstörungskraft gefunden, die der Mensch je entwickelt hat. Eralp dagegen hat einen ausdrucksstarken Comic gezeichnet, der sich mit Mind control beschäftigt.
Eindrucksvoll und zugleich verstörend ist die Arbeit von Karla und Paula, die sich mit illegaler Abtreibung beschäftigt. Kleo betrachtet das Geschlechterverhätnis humorvoll und hat in einer Art Bilderbuch Sprichwörter illustriert, um die ungleichen Karrierebedingungen zwischen Mann und Frau zu zeigen. Auch Sita geht humorvoll mit der Frauenrolle um und hat in Anknüpfung an die Guerilla Girls begonnen, die nackten Frauen in der Kunst liebevoll zu bekleiden. Lily hat zu den Urteilen von Steuerhinterziehung und Vergewaltigung geforscht und bringt mit ihrer Leinwand ein alarmierendes Ungleichgewicht zum Ausdruck. Ahmad hat sich mit dem Thema Krieg beschäftigt und holt in einer Sound-Bild-Kombinationen den Alltag des Krieges in die Ausstellung. Auch Osman beschäftigt sich mit kriegerischen Auseinandersetzungen, bezieht sich aber konkret auf das Schiksal der Palästinanser:innen.
Außerdem sind Arbeiten zur Gentrifizierung, zu Mental Health und anderen aktuellen gesellschaftlichen Themen entstanden. Die Schüler:innen haben sich gesellschaftlich verortet und in ästhetischer Form Missstände aufgezeigt, Position bezogen und Kommentare geliefert – man könnte also sagen, sie haben den Protest zurück ins Museum gebracht.
Eine Kollegin, die die Ausstellung besucht hat, sagte mir, sie sei sehr beeindruckt gewesen. Sie habe die Gelegenheit genutzt, um sich die Ausstellung der Guerilla Girls anzuschauen und sagte, das sei eine gelungene Ausstellung, aber man kenne diese Positionen. Die Ausstellung der Schüler:innen sei deshalb für sie das i-Tüpfelchen gewesen, weil hier neue Postionen entwickelt worden waren und sie berührt war von der Energie und Aussagekraft der Schüler:innenarbeiten. Kann es ein schöneres Kompliment für einen rundum gelungenen Abend geben?